Magnificat – Lobgesang Marias
von Dörthe Brandt, Berlin
Lies bitte Lukas 1:46-55
Als ich aufwuchs war Maria jede Weihnachten in Krippenspielen, Krippendarstellungen und Bastelarbeiten präsent. Nachdem ich Christ wurde, war ich zögerlich Maria zu bewundern, da ich ich so oft ihre Verehrung in Formen gesehen hatte, in denen zu ihr gebetet wurde anstatt zu Gott. Aber je mehr ich mich mit ihrer Geschichte in der Bibel auseinandersetzte und ihr Leben kennenlernte verstand ich, was für eine faszinierende Person sie war und wie Gott sie in seinem großartigen Plan benutze um unser Schicksal zu verändern.
Der Lobgesang der Maria wird auch „Magnificat” genannt, in Bezug auf die lateinische Übersetzung der Worte „von ganzem Herzen preise ich den Herrn”. Ihr Lied ist nicht nur in der katholischen Kirche eine beliebte Passage. In vielen Glaubensrichtungen wird das Lied während der Adventszeit gesungen. Lukas ist der einzige Evangelist, der ihren Lobgesang wiedergibt.
Maria spricht die Worte, während sie ihre Cousine Elisabeth, die Mutter von Johannes dem Täufer, besucht. Bevor sie Elisabeth trifft, begegnete ihr ein Engel, der ihr Gottes Plan offenbarte, dass sie vom heiligen Geist schwanger und den Erlöser zur Welt bringen wird. Als Elisabeth Maria sieht, sagt sie: „Du bist die gesegnetste aller Frauen, und gesegnet ist das Kind in deinem Leib! Doch wer bin ich, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt?” (Vers 42 - 43)
Warum ist dieser Lobgesang so bedeutend?
Stell dir vor, du bist ein junger Teenager, nur verlobt, aber schwanger in einer patriarchalen Gesellschaft. Du hast dir nicht gewünscht in in diese Situation zu kommen und auf einmal bist du schwanger und findest dich in der Verantwortung wieder den Erlöser zur Welt zu bringen und aufzuziehen. (Wie viele Erziehungsratgeber würdest du kaufen?) Ich frage mich wie Maria die Situation ihren Eltern oder Josef erklärt hat, dass sie vom heiligen Geist schwanger ist. Marias Lobgesang gibt uns einen tiefen Einblick in ihr Gottesbild und ihre Beziehung mit ihm. „
Von ganzem Herzen preise ich den Herrn, und mein Geist jubelt vor Freude über Gott, meinen Retter. Denn er hat mich, seine Dienerin, gnädig angesehen, eine geringe und unbedeutende Frau. Ja, man wird mich glücklich preisen – jetzt und in allen kommenden Generationen. Er, der Mächtige, hat Großes an mir getan.” (Vers 46 - 49)
Was für eine unglaubliche Einstellung, zeigt sich in ihren Worten. Welche Demut! Sie lobt Gott, trotz ihrer Umstände und ohne die Zukunft zu kennen. (Bedenke: Die Bibel war noch nicht geschrieben und Maria kannte nicht das Ende der Geschichte.) Der Lobgesang ist auch ein Bezug auf Hannas Lobgesang im 1. Buch Samuel. Maria kannte die Schriften und sie waren in ihrem Herzen fest verankert.
Wäre das meine Reaktion, wenn ich an ihrer Stelle wäre? Wahrscheinlich würde ich mich bei Elisabeth beschweren, wie schwer meine Umstände sind, wie besorgt ich über den Tratsch in meinem Dorf bin und wie unfair meine Situation ist. Ich würde mich fragen, warum ausgerechnet ich ausgewählt wurde wo es doch so viele andere Frauen gibt, die geeigneter sind. Ich kann schnell Opfer meiner Gefühle und Umstände sein.
Maria hatte eine völlig andere Perspektive, trotz ihrer Gefühle und Situation, weil ihr Herz und ihre Augen auf den allmächtigen Gott gerichtet waren. Sie fühlt sich von ihm gesegnet, dass er sie ausgewählt hat und vertraut seinem Versprechen, dass sie eine wichtige Rolle in seinem erstaunlichen Plan der Errettung spielen wird. Wie blickst du auf deine Lebenssituation? Kannst Du sehen, dass du ein Teil von Gottes erstaunlichem Plan bist? Kannst Du ihm vertrauen oder Gott loben, auch wenn du seinen Plan nicht verstehst?
Wer regiert die Welt?
Maria verstand, wer wirklich die Welt regiert. „Sein Name ist heilig, und von Generation zu Generation gilt sein Erbarmen denen, die sich ihm unterstellen. Mit starkem Arm hat er seine Macht bewiesen; er hat die in alle Winde zerstreut, deren Gesinnung stolz und hochmütig ist. Er hat die Mächtigen vom Thron gestürzt und die Geringen emporgehoben. Den Hungrigen hat er ´die Hände` mit Gutem gefüllt, und die Reichen hat er mit leeren Händen fortgeschickt. (Vers 50 - 53)
Dietrich Bonhoeffer sagte über die Hymne: „Dieses Lied der Maria ist das leidenschaftlichste, wildeste, ja man möchte fast sagen revolutionärste Adventslied, das je gesungen wurde. Es ist nicht die sanfte, zärtliche, verträumte Maria, wie wir sie auf Bildern sehen, sondern es ist die leidenschaftliche, hingerissene, stolze, begeisterte Maria, die hier spricht ... ein hartes, starkes, unerbittliches Lied von stürzenden Thronen und gedemütigten Herren dieser Welt, von Gottes Gewalt und von der Menschen Ohnmacht.”
Hier sehen wir Maria, ein junges Mädchen aus einem Dorf, wie sie voller Stärke und Selbstbewusstsein über soziale und ökonomische Themen spricht und ein klares Bild von Gottes Macht hat. Selbst als Christen können wir geblendet von Titeln, Reichtum oder dem Aussehen von Menschen sein. Maria erklärte ganz eindeutig, dass Gott anders ist und auf das Herz sieht. Gott IST IN DER LAGE sich über die Demütigen zu erbarmen, Hochmütige in alle Winde zu zerstreuen und Mächtige vom Thron zu stürzen.
Durch die Bibel hindurch sehen wir wie Gott durch Frauen arbeitet, die nicht die beliebtesten in den Augen der Welt waren. (Denke nur an die Witwe Ruth in einem fremden Land, Rahab, die Prostituierte, Sara, eine alte Frau, die schwanger wurde.) Indem Gott Maria auswählte, um den Heiland zur Welt zu bringen, zeigt uns Gott was für ihn wertvoll ist und er offenbart sein Herz für die Menschen, die von der Welt vergessen sind und unbedeutend scheinen.
Versuchen wir den bedürftigen und vergessenen Menschen in unserem Umfeld und in unseren Gemeinden zu helfen? Jede kleine Tat der Liebe macht einen Unterschied. Rufe eine Schwester an, die sich einsam fühlt, gehe auf die ungeliebte Person in deiner Schule oder am Arbeitsplatz zu, engagiere dich für Projekte, die Bedürftige unterstützen. Auf Dauer kann es herausfordernd sein, sich für das Gute und Gerechte einzusetzen und doch keinen grundlegenden Wandel zum Guten in unserer Gesellschaft zu sehen. Aber wir sind dennoch aufgerufen Gottes Herz zu imitieren. Wir können sicher sein, dass Gott am Ende Gerechtigkeit bringt und jedes Knie sich beugen wird. (Philipper 2:10-11)
Auf wen verlässt du dich?
„Er hat sich seines Dieners, ´des Volkes` Israel, angenommen, weil er sich an das erinnerte, was er unseren Vorfahren zugesagt hatte: dass er nie aufhören werde, Abraham und seinen Nachkommen Erbarmen zu erweisen.” (Vers 54 - 55) Maria verlies sich auf unseren barmherzigen Gott. Am Ende des Liedes zeigt Maria ihre Überzeugung, dass Gott immer zu seinen Versprechen steht und darum kann sie ihm vertrauen. Sie ist ein Beispiel für mich, wie meine Zuversicht von Gott und nicht meinen Umständen kommt. Maria ist mehr als eine Krippenfigur an Weihnachten, sie ist eine Demonstration Gottes, dass er durch jeden mit einem demütigen Herzen arbeiten kann.
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